Zunächst mal riesen Lob an Thomann! Das Pedal ist neu auf dem Markt und noch nirgendwo in Deutschland zu bekommen. Ich bin total begeistert, dass ich das Pedal jetzt schon drei Tage ausgiebig nutzen konnte. Entgegen der Artikelbeschreibung ist auch ein Netzteil dabei (nicht unwichtig bei 265 mA Strombedarf). Konkurrenten in diesem Sektor sind das Boss OC5 und der Urvater der Polyoctaver, der POG2 von EHX. Letzterer ist jetzt schon 13 Jahre auf dem Markt. Sehr lange für ein komplexes digitales Pedal, und mit über 300 Euro über 50 Euro teurer als dieses MXR Pedal.
Das Poly Blue Octaver kommt trotz der umfangreichen Funktionen in Standardgrösse, was Pedalboard-Nutzern gefallen wird. Der blaue Metallic-Look ist auch ein Hingucker.
Die Funktionen Fuzz, Oktaven und Modulation (Leslie-Effekt und Phaser) sind mit diesem MXR-Pedal unabhängig nutzbar. Das gefällt mir. Zwar ist der Fuzz-Effekt echt gut und auch mit Humbuckern im Bassbereich schön definiert (kenne ich anders bei vielen Fuzz-Boxen), aber ich möchte auch gerne meine Lieblings-Fuzz-Effekte nur dem dem +1-Oktave Effekt dieses Pedal nutzen. Das klappt wunderbar. Ich besitze auch das Octavix Fuzz, das diese Funktion eingebaut hat. Mit dem Poly Blue Octaver lässt sich der Oktaven-Effekt über dem gesamten Griffbrett einbauen. Die klassischen Octavio-Pedale lassen den Effekt erst ab dem 12. Bund richtig zur Geltung kommen. Die Modulationseffekte Phaser und Leslie Rotation sind gut. Richtig gut gefällt mir aber auch, von einem Univibe in das MXR zu gehen und polyphon über alle 5 Oktaven zu spielen. Das klingt dann wie eine Kirchenorgel mit sehr prominentem Modulationseffekt. Da sind gigantische Sound-„Wände“ möglich! Die Oktaven werden im polyphonen Modus sehr sauber erkannt, der Mono-Modus ist „knarziger“. Im Bassbereich (leere tiefe E-Seite) hat das Pedal manchmal leichte Probleme und es kommt vor, dass der -1 oder -2 Oktaven-Effekt wie kurz ein- und ausgeblendet klingt. Dieser Mono-Modus orientiert sich aber auch gewollt an klassischen Pedalen der 60er, 70er. Ein bisschen „Chaos“ gehört dann einfach dazu. Polyphon habe ich keine Probleme bemerkt, sowohl die hohen und tiefen Töne werden sauber erkannt und lassen sich in der Lautstärke perfekt mit dem Ausgangssignal mischen.
Mit einem Expressionspedal wechsle ich zwischen zwei Presets, was tolle Möglichkeiten eröffnet, einer polyphonen Melodie während des Spielens zunehmende Dramatik zu verpassen.
Ich komme abschließend zum vielleicht wichtigsten und in Foren besonders heiß diskutierten Thema: Tracking. Tracking wird einerseits als Begriff benutzt, um die Qualität der Tonerkennung und Oktavierung zu beschreiben. Bis auf ganz leichte Schwächen im Mono-Modus ist die Leistung hier einfach nur fantastisch. Andererseits wird mit Tracking auch die Latenz zwischen dem Hören des Orignalsignals (dry Signal) und dem digital berechneten und dann ausgegebenem oktavierten Signal beurteilt. Es finden sich in Foren Stimmen, die dem uralten POG2 von EHX hier bessere Leistungen bescheinigen. Mir fehlt der direkte Vergleich. Und ich halte es auch nicht für sinnig, dieses Pedal zu nutzen, um mit der E-Gitarre den Bass zu ersetzen. Hierbei mögen Timing und Dynamik schwierig werden. Es ist eine leichte Latenz beim Spielen zu spüren; ich achte darauf auch pingelig, weil dieses Thema bspw. auch im Umgang mit Aufnahmetechnik Aufmerksamkeit fordert. Mit diesen Latenzen zu arbeiten ist letztlich Gewöhnungssache. Jetzt ist so ein polyphoner Orgeleffekt aber auch ein stark verfremdender Effekt des Gitarrensignals, so dass minimale Latenzen der zusätzlichen Oktaven nie negativ auffallen. Ich kann wirklich nicht behaupten, dass das Spielgefühl in irgendeiner Weise durch die minimale Latenz des MXR-Pedals leiden würde.
Bleibt zusammenfassend festzuhalten, dass dies ein enorm vielseitiges und qualitativ hochwertiges Pedal ist, das den recht hohen Preis rechtfertigt. Ich rate aber auch zum Gehörschutz. Ich habe das neue Pedal gleich stundenlang gespielt und die beiden hohen Oktaven gehen ganz schön „auf die Lauscher“.