Ich mische Jam-Sessions, und da dort immer eine ganze Reihe Blues-Harp-Spieler auftauchen, die gerne mal spontan zum Gesangsmikro greifen, um sodann den Teil des Publikums in die Flucht treiben, der über etwas empfindlichere Ohren verfügt, musste eine Fahrradlampe her.
Zwei Ausschlusskriterien gab es von vornherein: Billigprodukte und feste Kabel. Da blieb als einziges der Harp-Blaster übrig. Das ist zwar auch das teuerste, aber allein des XLR-Steckers wegen lege ich gerne 50 % drauf. Solche Details vermeiden einfach eine Menge Ärger.
Bevor ich das Teil nun im Detail bewerte, muss ich etwas anekdotisch werden.
Das erste Exemplar habe ich zurückgeschickt. Das Poti hat laute Kratzgeräusche abgegeben, wenn man daran gedreht hat. Gleiches war beim zweiten Exemplar festzustellen. Und auch bei dem Exemplar des Session-Teilnehmers, der mir das Mikrofon vorgestellt hatte. Also habe ich mich an Thomann gewendet, was man da machen könnte. Einen erneuten Austausch konnte ich nur ablehnen, eine Reparatur nimmt Thomann nicht vor. Also habe ich das Kontaktformular bei Hohner ausgefüllt. Keine Reaktion. Aber SE Electronics hat reagiert. Ich erhielt einen Anruf vom Entwicklungsingenieur aus Österreich. Gemeinsam haben wir ausbaldowert, dass das Poti garstig auf Phantomspeisung reagiert.
Ich muss sagen, dass ich selten von einem Unternehmen so freundlichen und tatkräftigen Support erlebt habe. Ich habe natürlich empfohlen, die Sache mit der Phantomspeisung ins Handbuch zu schreiben, aber das wird sicher etwas dauern. Euch sei's deshalb auf diesem Wege mitgeteilt: Phantomspeisung aus, dann verschwinden die Störgeräusche (fast).
Was man dann in der Hand hat, ist ein tolles Blues-Harp-Mikrofon. Am Sound ist nichts auszusetzen. Es klingt, wie es soll. Ich habe keine Vergleichsmöglichkeit und noch keine Studioaufnahmen gemacht, aber ich kann sagen, dass das Ding einfach sofort ordentlichen Sound abliefert. Trotz der Kugelcharakteristik habe ich noch keine Probleme mit Rückkopplungen gehabt, auch bei lautem Monitoring. Während dem Techniker der XLR-Anschluss Gold wert ist, freut sich der Spieler über die kleinen Abmessungen. Da ist drumherum viel Platz, um den Luftzug zu regulieren. In der Anleitung steht, man könne mit dem Teil Nägel in die Wand hauen. Ich würde dennoch einen Hammer empfehlen. Nicht, weil das Gehäuse das nicht aushalten würde, sondern weil der Stiel fehlt. Das Mikro ist wirklich robust. Hinzu kommt die stramme Haptik des Potis, die eine präzise Kontrolle der Lautstärke ermöglicht. Die kauft man sich leider ein durch ein leichtes Rascheln ein, das aber kaum zu vernehmen ist, wenn man die Phantomspeisung deaktiviert. Wer sich trotzdem dran stört, kann den Lautstärkeregler auch deaktivieren.
Insgesamt kann man sagen, dass dies das beste Mikrofon ist, das man für Blues-Harp kaufen kann. Genauer gesagt: Das einzige, wenn man eine Fahrradlampe will und nicht irgendwann einen Gig wegen eines kaputten, fest verdrahteten Kabels abbrechen will.