Vorweg, ich bnutze das Pedal mit analogen und digitalen Synthesizern und Drumsounds, das funktioniert gaintechnisch hervorragend, übersteuern ist bei Linepegeln nahezu unmöglich, wie ich feststellen durfte.
Man sollte allerdings wissen warum man sich das Night Wire zulegt, in meinem Fall wollte ich das analoge modulations Pedal umbedingt ausprobieren, dessen Sound irgendwo zwischen Harmonic Tremolo, Optischem Vibe, Wah, und Filter Phaser angesiedelt ist (Tief- und Hochpass in parallel).
Zur Arbeitsweise von Harmonic Tremolos:
Ein Harmonic Tremolo ist eine Erfindung von Fender, findet sich in alten Brownface Amps ab 1959 und ist somit ein Relikt einer anderen Zeit, das sich danach nicht mehr so stark verbreitet hat wie andere Tremolo Effekte. Damit ist es eine der frühsten modulations Effekte.
Die Funktionsweise ist allerdings komplett anders als bei einem normalen analogen Tremolo, bei dem die Amplitude eines VCAs (Verstärkers) mithilfe eines LFOs (meistens Tri oder Sin) in unterschiedlicher intensität moduliert wird. Also ein zyklisches An und Abschwellen des Sounds das am ehesten als flattern bezeichnet werden kann und das Signal nicht färbt, in Synthesizer Gefilden nennt man das AM also Amplituden Modulation.
Das Harmonic Tremolo ist allerdings etwas ganz anderes sowol technisch als auch vom Sound her. Hierbei wird zwar eine Amplituden Modulation generiert, allerdings wird das über zwei, in parallel geschaltete Filter, erzeugt. Ein Tiefpass und ein Hochpassfilter. Das Signal wird gesplittet und dan beiden Filtern unabhängig von einander zugeführt und dann durch einen einzigen, in zwei Polarisationen gesplitteten LFO (meist Tri) moduliert. Das Resultat ist ein rythmisches Wabern der Amplitude der Hohen und Tiefen Anteile wobei die Mitten erhalten bleiben, das klingt warm und fett und erinnert an den pochenden exponentiell an- und abschwellenden Klang optischer Schaltungen ala Uni Vibe oder Vactrols.
Verarbeitung:
Hier hat man es mit einem sehr ungewöhnlichen analogen Pedal von Earth Quaker zu tun, das in Through Hole Technik per Hand gefertigt wurde und dementsprechend robust ist. Der Lack zum Beispiel ist etwas unregelmäßig was die verteilung der Lila Metalflakes angeht, der Siebdruck ist tadellos, es sieht aber rundum schön aus. Der Footswitch ist als Relais mit Softklick gefertigt und knackst beim Betätigen nicht.
Arbeitsweise/Sound:
Die Bedieung wird durch vier Potis und zwei Schalter erledigt. Level ist eine art Booster für die Ausgangslautstärke. Depth regelt die Intensität der Amplituden Modulation, Rate die Geschwindigkeit des LFOs. Der erste Hebel stellt ein ob man manuell die Geschwindigkeit des LFOs einstellt oder im Attack Mode per Envelope Fallower und das funktioniert sehr Vorbildlich. Das heißt die Anschlagslautstärke und das nachfolgende Decay/Release erzeugen einen Verlauf und steuern die Geschwindigkeit des LFOs fließend. Das ist ansich schon genial aber es wird noch Abgedrehter.
Das Frequency Poti kann per Kippschalter in drei verschiedenen Modes betrieben werden und man kann die Filter sogar ohne den Tremolo Effekt nutzen (Depth auf Linksanschlag).
Die Modes im Detail:
Manual:
Klassische Einstellung für normales Harmonic Tremolo wenn der Frequency Poti auf 12 Uhr steht.
Man kann den Frequenzanteil des Low und Highpass verschieben, links Low, rechts High. Man darf sich hier aber keine vollwertigen Filter vorstellen, es ist zum Regulieren des Klangs gedacht und stellt ein, wie das Signal gefärbt wird. Man kann das auch verwenden um eine Phase fix einzustellen wenn man den Depth Regler abdreht.
LFO:
In disem Modus moduliert ein zweiter vom Rate Poti unabhängiger aber langsamerer LFO zwischen den beiden Filter Typen hin und her und kann über Frequency in der Geschwindigkeit eingestellt werden. Also ein Sweep zwischen hohen und tiefen Frequenzen der einem Phaser nicht unähnlich ist aber wärmer und nicht so brutal klingt. Die Filter scheinen übrigens einen fixen Resonanzwert zu haben, sie färben das Signal und klingen sehr schön rund und voluminös aber auch Vintage.
Attack:
Auch hier kann über die Anschlagstärke und den Release des Eingangssignals der Verlauf der Filterfart gesteuert werden. Von der Arbeitsweise her ist das ein typischer Envelope Fallower Wah Effekt, der Sound ist allerdings anders als das klassische Wah. Dieser Effekt ist sehr Gut geeignet für Plucky Wah Sounds und Pfundige Bässe die ein Bischen wie analoge -24dB Filter Sweeps klingen, also angenehm gesättigt.
Fazit:
Alle drei Modi können in Verbindung mit dem Depth Regler des Tremolo sehr unterschiedliche Resultate bringen, die man überhaupt nicht mit Harmonic Tremolos in Verbindung bringen würde. Der größte Clue ist dabei dass man die Filtereffekte auch komplett ohne den Tremolo LFO nutzen kann, hierzu dreht man Depht auf Linksanschlag. Die Filter haben einen schönen organischen Farbklang, fast schon schillernd und ultra flüssig und erinnern mich an die schönen Filtertypen aus den 70ern.
Dadurch bekommt man eine Fülle an unterschiedlichsten Analogen Effektklängen hin. Ein Ungewöhnliches fettes und ausdrucksstarkes Wah mit spezieller Klangcharakteristik, ein phaseriger Filterverlauf von zwei Parallel geschalteten Filtern die Phasenversetzt gegeinander moduliert werden oder ein Fixed Filter von Zwei parallelen unterschiedlichen Filtercharakteristiken und all diese Modes können noch mit dem Harmonic Tremolo Effekt wechselwirken. Gerade diese Kombination führt dazu das man das Gefühl hat mindestens zwei verschiedene Effekte gleichzeitig zu nutzen.
Besonders in kombination mit verschiedenen E-Pianos und Lead Synthesizern eignet sich der Harmonic Tremolo Sound. Für Bässe und Solos kann man den Attack Modus empfehlen. Für Drums mit Rauschanteil zB. Snares und Hats eignet sich der LFO Modus.
Alles in allem ein super Pedal dass in seinen ausgeklügelten Möglichkeiten ungewöhnlich flexibel benutzt werden kann und toll verarbeitet ist. Für experimentierfreudige Analogliebhaber ist das Earthquaker Devices Night Wire eine Fundgrube wabernder, organischer und flüssiger Filter- und Amplitudenmodulations Sounds, sehr empfehlenswert.