Kurzfassung:
- ausgewogenes, mittenbetontes Klangbild, wenig Sustain
- gute Saiten für Folk, Bluegrass und generelles Picking
- vor allem empfohlen für Parlor-Gitarren, weniger für Auditorium und größere Korpusformen
Textversion:
Saiten sind ja immer 'ne hervorragende Gelegenheit, für kleines Geld doch recht ordentlich am Klangcharakter seiner Gitarre schrauben zu können und ein bisschen zu experimentieren.
Nach knapp 10 Jahren mit beschichteten Saiten vom großen E traue ich mich seit Jahresbeginn auch mal an andere Marken und -wichtiger- Materialien und suchte nach Möglichkeiten, meine Gitarre ein bisschen mehr "vintage" klingen zu lassen.
Die Retro-Saiten von Martin schienen wie für mich gemacht; ich habe sie auf eine kleine Ibanez-Parlor aufgezogen, die seit ein paar Jahren als meine Straßen-Lagerfeuer-Einefüralles-Wanderklampfe herhält. Massive Fichtendecke, Mahagonikorpus, einen Ganzton tiefer gestimmt auf D. Viel Picking, seltener mal Strumming.
Zum verwendeten Monel gibt's im Netz ein paar schöne Artikel. Mit dem geschichtlichen Hintergrund des Materials ist auch der Retro-Aspekt begründet und belegt ;)
Bereits die Optik ist der Hammer! Wer eine Gitarre mit Chrommechaniken besitzt und -wie ich- bis dato nur bronze- oder kupferfarbenen Westernsaiten kannte, wird sich über die silber-grauen Retro-Saiten freuen!
Der Look stimmt also - und der Klang?
Der ist tatsächlich "eigen". Nach ca. 10 verschiedenen Marken in allen Stärken tun sich diese Saiten doch noch einmal auf ganz individuelle Weise hervor.
Ich weiß nicht, ob Joan Baez oder Bob Dylan in den 60ern so geklungen haben, aber dieser leicht muffige, dunkle Sound erinnert bisweilen doch an Aufnahmen, wie man sie von alten Schallplatten kennt; ausgewogener Bass, starke Mitten, Höhen mit vergleichsweise wenig Sustain. Meine kleine Parlor hat ohnehin schon ordentlich Punch in den Mitten - mit den Martin-Saiten gewinnen alle sechs Saiten nochmal zusätzlich an Wumms. Dabei ist nichts überbetont und die etwas schrill-brillanten Höhen, wie ich sie von meinen bisherigen Saiten nach dem Aufziehen kenne, sind hier glücklicherweise gar nicht vorhanden. Trotz 13er-Satz ist die Lautstärke sehr angenehm; man kann gut reinlangen und muss trotzdem nicht gegen sein Instrument ansingen.
Auf meinen beiden großen Schwestern (Grand Auditorium und Dreadnought) mit Zederndecke würde mir der Klang höchstwahrscheinlich nicht gefallen. Wer allerdings eine Parlor oder O/OO-Gitarre besitzt und nach einem bluesigen, folkigen Vintage-Pickingsound sucht, wird hier sicherlich fündig werden! Meine Lagerfeuergitarre haben sie auf jeden Fall zur Lieblings-Folkklampfe befördert ;)
Würde gerne mal hören, wie diese Saiten auf einer Mahagonidecke klingen...